LSG Darmstadt, Urteil vom 20.11.2014, L 5 R 129/14
Das LSG Darmstadt hat entschieden, dass der Rentenanspruch eines Versicherten versagt werden kann, wenn die Erwerbsminderung durch einen Verkehrsunfall verursacht wurde, wegen dem der Versicherte wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafrechtlich verurteilt worden ist.
Ein Mann ohne Führerschein verursachte mit 1,39 Promille einen Verkehrsunfall und wurde aufgrund der Verletzungen voll erwerbsgemindert. Das Amtsgericht verurteilte den 29-jährigen Mann aus dem Lahn-Dill-Kreis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung. Die Rentenversicherung lehnte seinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab, weil er sich grob selbstgefährdend verhalten habe. Er habe alkoholisiert und ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug geführt und sich damit eigenmächtig über anerkannte Grundprinzipien der Versichertengemeinschaft hinweggesetzt. Wer bewusst gegen Strafgesetze verstoße, die den Eintritt eines Schadensereignisses verhindern sollen, könne keine Versicherungsleistungen beanspruchen.
Das LSG Darmstadt hat, wie auch die Vorinstanz, der Rentenversicherung Recht gegeben.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts kann die Rente versagt werden, wenn die Erwerbsminderung infolge der Ausübung einer strafbaren Handlung eingetreten ist. Voraussetzung sei eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung für ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen. Der Versicherte sei wegen vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Der bei dieser Tat eingetretene Unfall habe zur Erwerbsminderung geführt. Der Mann sei auch nicht nur „bei Gelegenheit“ dieses Vergehens aufgrund eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalls ohne eigenes Zutun verletzt worden. Vielmehr, so betonten die Darmstädter Richter, habe sich genau jene Gefahr realisiert, wegen derer der Versicherte zuvor durch den – bereits wiederholten – Entzug der Fahrerlaubnis „aus dem Verkehr gezogen“ werden sollte. Ob bei strafbaren Handlungen die Rente zu versagen sei, hänge von der Abwägung der Gesamtumstände ab. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Sozialversicherungsrecht einerseits keine strafrechtliche Funktion habe, andererseits strafbares Verhalten aber auch nicht leistungsrechtlich „belohnt“ werden solle. Neben der Schwere der Tat seien zudem Tathergang und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten zu beachten. Dies habe die Rentenversicherung bei ihrer Ermessensentscheidung zutreffend berücksichtigt.
Die Revision wurde nicht zugelassen.