MPK-Partner Melzer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Versicherungsrecht und Sozialrecht, hat in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Versicherungsrecht kompakt (VK) eine Anmerkrung zur Entscheidung des BGH vom 06.07.2016 Az. IV ZR 44/15) veröffentlicht. Danach kann der VR gemäß § 4 Abs. 4 MB/KT 2009 den Tagessatz bei der Krankentagegeldversicherung nicht mehr durch einseitige Erklärung herabsetzen, wenn er Kenntnis davon erlangt, dass das Nettoeinkommen des VN unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist. Die Klausel ist nach Ansicht des BGH unwirksam.
Damit kann der VR bei einem nachträglichen Absinken des Einkommens das Krankentagegeld nicht mehr herabsetzen. Nach Ansicht des BGH stelle die Regelung zwar entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine unangemessene Benachteiligung dar (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Sie verletze aber das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB). Der BGH begründet dies damit, dass der durchschnittliche VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse der Klausel nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen könne, auf welchen Bemessungszeitpunkt und -zeitraum für die Ermittlung des Nettoeinkommens abzustellen sei. Zudem lasse die Klausel offen, wie sich dieses „Nettoeinkommen“ – bei beruflich selbstständigen VN – zusammensetzt.
Der Verband der privaten Krankenversicherung wird den Krankenversicherern eine Änderung der MB/KT vorschlagen, um die vom BGH für unwirksam erklärten Klauseln nach § 203 Abs. 4 VVG zu ersetzen. Die neuen Klauseln werden nach § 164 Abs. 2 VVG zwei Wochen nach Mitteilung durch den VR an den VN zum Vertragsbestandteil, sofern sie unter Wahrung des Vertragsziels die Belange der VN angemessen berücksichtigen (§ 164 Abs. 1 S. 2 VVG). Der Neuregelung muss hinreichend klar entnommen werden können, auf welchen Bemessungszeitpunkt und -zeitraum bei der Ermittlung des Nettoeinkommens abgestellt und wie das Nettoeinkommen gebildet wird. Anbieten dürfte sich eine Unterscheidung zwischen beruflich selbstständigen und abhängig beschäftigen VN. Die inhaltliche Ausgestaltung, kleine oder große Lösung mit einer Überarbeitung des gesamten § 4 MB/KT, bleibt abzuwarten.
Wurde das Krankentagegeld in der Vergangenheit herabgesetzt, steht dem Anspruch des VN auf das ungekürzte Tagegeld ein Anspruch auf Beitragsnachforderung des VR gegenüber. Aufgrund des Symmetriegebots ging mit der Absenkung des Tagegelds auch eine Verringerung der Prämie einher. Beide Ansprüche unterliegen der allgemeinen Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB). Diese beginnt drei Jahre nach dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt. Maßgeblich ist nicht die rechtliche Beurteilung der Klausel, sondern die Kenntnis davon, dass Beitrag und Tagegeld herabgesetzt wurden.